Die streitige Scheidung

Scheidungen sind selten einfach oder angenehm. In manchen Fällen sind die Fronten jedoch derart verhärtet, dass eine einvernehmliche Scheidung nicht möglich oder nicht gewünscht ist. Um den Ehegatten dennoch die Scheidung zu ermöglichen, sieht das Österreichische Recht die Möglichkeit der streitigen Scheidung vor. 

Diese Verfahren werden oft emotional geführt und sind rechtlich anspruchsvoll. In diesem Beitrag beleuchten wir, was eine streitige Scheidung ausmacht, wie sie abläuft und welche Faktoren zu beachten sind.

Rechtliche Grundlagen für die streitige Scheidung

Eine streitige Scheidung wird durch die Klage eines Ehegatten gegen den anderen eingeleitet. Um die Scheidung zu erreichen, muss sich der klagende Ehegatte auf einen der nachfolgenden Gründe stützen: 

  1. Scheidung wegen Verschuldens (§ 49 EheG): Eine Ehe kann geschieden werden, wenn ein Ehepartner die ehelichen Gemeinschaft schuldhaft so zerrüttet hat, dass die Wiederherstellung der ehelichen Gemeinschaft nicht erwartet werden kann (z. B. Ehebruch, Gewalt, Alkoholmissbrauch).
  2. Scheidung wegen ehezerrüttendem Verhalten ohne Verschulden (§ 50 EheG): Dieser Grund ist einschlägig, wenn das die Ehe zerrüttende Verhalten aus einer psychischen Krankheit oder vergleichbaren Beeinträchtigung resultiert. 
  3. Scheidung wegen ansteckender oder ekelerregender Krankheit (§ 50 EheG): Voraussetzung ist, dass eine Heilung oder Bestätigung der Ansteckungsgefahr in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist.
  4. Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft (§ 55 EheG): Wenn die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten seit mindestens drei Jahren aufgehoben ist, so kann jeder Ehegatte die Scheidung begehren, sofern eine Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft nicht zu erwarten ist. Trifft die Scheidung den beklagten Ehegatten besonders hart, verlängert sich die Frist auf sechs Jahre. 

Ablauf einer streitigen Scheidung

In der Folge werden wichtige Elemente im Ablauf eines Verfahrens über eine streitige Scheidung dargestellt. 

  1. Einbringung der Klage
    Der klagende Ehepartner reicht die Scheidungsklage beim zuständigen Bezirksgericht ein. Darin wird ausführlich dargelegt, warum die Scheidung begehrt wird.

  2. Äußerung und Widerklage 
    Der beklagte Ehegatte hat die Möglichkeit, sich in einem Schriftsatz zur Berechtigung der Scheidungsklage zu äußern. Zusätzlich kann der beklagte Ehegatte auch eine Widerklage einbringen und selbst auf Scheidung klagen. Welche dieser Optionen am sinnvollsten ist, sollte im Einzelfall gründlich abgewogen werden.

  3. Gerichtstermine
    In der Folge kommt es zu einem ersten Gerichtstermin, bei dem das Gericht verpflichtet ist, auf eine Versöhnung der Ehegatten hinzuwirken und auf die Möglichkeit einer Mediation oder einvernehmlichen Scheidung hinzuweisen.


    Scheitert eine einvernehmliche Scheidung an einem Punkt, der in der Vereinbarung über die Scheidungsfolgen zu regeln wäre (beispielsweise die Obsorge für die gemeinsamen Kinder oder die Aufteilung des ehelichen Vermögens), gibt es auch noch die Möglichkeit einer paktierten Scheidung. Dabei gestehen die Ehegatten das gleichteilige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe zu und regeln zumeist auch die Unterhaltsfolgen. Kann gerade über die Unterhaltsfolgen keine Einigkeit erzielt werden, stellt eine paktieret Scheidung zumeist keine Option dar.

    Wollen die Ehegatten von diesen Möglichkeiten keinen Gebrauch machen, kommt es zu weiteren Gerichtsterminen. Diese dienen der Beweisaufnahme in Form von beispielsweise Zeugenaussagen, Urkunden und Aussagen der Ehegatten.

  4. Urteil
    Aufgrund der Ergebnisse der Beweisaufnahme beurteilt das Gericht, ob ein Scheidungsgrund vorliegt und – gegebenenfalls aus wessen Verschulden – die Ehe zu scheiden ist.

  5. Rechtsmittelverfahren
    Die Ehegatten haben die Möglichkeit gegen das Urteil des Erstgerichtes Berufung einzulegen. In einzelnen Fällen besteht auch noch die Möglichkeit gegen die Berufungsentscheidung ein Rechtsmittel zu erheben.

Herausforderungen bei einer streitigen Scheidung

  1. Emotionale Belastung Streitige Scheidungen sind oft von starken Emotionen geprägt. Vorwürfe, Schuldzuweisungen und alte Konflikte werden häufig aufgewärmt.
  2. Lange Verfahrensdauer Da Beweise gesammelt und Zeugen gehört werden müssen, können streitige Verfahren mehrere Monate bis Jahre dauern.
  3. Höhere Kosten Anwalts- und Gerichtskosten sind bei einer streitigen Scheidung erheblich höher als bei einer einvernehmlichen.
  4. Auswirkungen auf Kinder Streitigkeiten zwischen den Eltern können Kinder emotional belasten und langfristige Folgen für ihre Entwicklung haben.

Tipps für den Umgang mit einer streitigen Scheidung

  1. Juristische Beratung Lassen Sie sich so früh wie möglich von einem Scheidungsanwalt beraten. So vermeiden Sie folgenreiche Fehler, entwickeln eine effektive Strategie und sorgen dafür, dass Ihre Rechte gewahrt bleiben.
  2. Beweise sammeln Dokumentieren Sie relevante Ereignisse, wie Gewalt, Ehebruch oder andere Verletzungen ehelicher Pflichten. Auch relevante finanzielle Unterlagen beispielsweise zur Vermögenssituation des anderen Ehegatten oder ehelichen Ersparnissen sollten gesichert werden.
  3. Emotionale Unterstützung Suchen Sie Unterstützung bei Familie, Freunden oder Therapeuten, um die Belastungen der Scheidung besser zu bewältigen.
  4. Fokus auf die Zukunft Vermeiden Sie ständige Gedanken über die Probleme, die zur Zerrüttung der Ehe geführt haben. Konzentrieren Sie sich stattdessen auf die Gestaltung Ihrer Zukunft und des neuen Lebens, das vor Ihnen liegt.
  5. Kinder schützen Versuchen Sie, Ihre Kinder so gut wie möglich aus Konflikten mit dem Ehegatten herauszuhalten und deren Wohl stets in den Vordergrund zu stellen.

Fazit

Der mit einer streitigen Scheidung verbundene emotionale und rechtliche Aufwand kann erheblich sein. Deshalb ist es wichtig, sich frühzeitig professionellen Rat zu suchen und eine klare Strategie zu verfolgen. Dann kann selbst eine streitige Scheidung in eine neue, hoffnungsvolle Lebensphase münden.

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