Nach einer Scheidung gilt es sicherzustellen, dass Kinder auch weiterhin eine enge Beziehung zu beiden Elternteilen haben können. Jenem Elternteil, in dessen Haushalt das Kind laut der Obsorgeregelung nicht hauptsächlich betreut wird, hilft dabei das Kontaktrecht (früher Besuchsrecht genannt).
In diesem Beitrag erklären wir, wie das Kontaktrecht funktioniert, welche Regelungen es gibt und was im Streitfall zu tun ist.
Was ist das Kontaktrecht?
§ 187 ABGB regelt, dass das Kind und jeder Elternteil das Recht auf regelmäßige und den Bedürfnissen des Kindes entsprechende persönliche Kontakte haben. Dadurch soll dass des besonderen Naheverhältnisses zwischen Eltern und Kind gewahrt bzw. in manchen Fällen erst angebahnt werden.
Der Kontakt soll so gestaltet werden, dass er „möglichst“ die Freizeit und die alltägliche Betreuung des Kindes umfasst. Man soll am Alltagsleben des Kindes teilhaben können und beispielsweise beim Lernen oder bei Hausübungen unterstützen. Die Rolle des Elternteils soll nicht nur auf „gelegentliche Besuche“ und einen „Unterhalter“ in der Freizeit reduziert werden.
Das Alter, die Bedürfnisse, die Wünsche des Kindes und die Intensität der bisherigen Beziehung sind bei der Ausgestaltung des Kontaktrechtes besonders zu berücksichtigen. Oberstes Gebot ist das Kindeswohl.
Regelmäßig macht daher für Kleinkinder eine andere Regelung als für Schulkinder Sinn. Während bei ersteren häufigere kurze Kontakte angezeigt sein können, sind bei Schulkindern oft auch längere Kontakte mit Übernachtung möglich.
Gefährdet ein Elternteil durch sein Verhalten das Kindeswohl kann das Kontaktrecht eingeschränkt und im Extremfall sogar ganz entzogen werden. Einschränkungen erfolgen beispielsweise durch eine Besuchsbegleitung oder Einschaltung der Familiengerichtshilfe als Besuchsbegleiter. Es können vom Gericht auch Maßnahmen wie die Teilnahme an einer Schulung zum Umgang mit Gewalt oder Aggression angeordnet werden.
Wie wird das Kontaktrecht geregelt?
Die Regelung des Kontaktrechts kann auf zwei Wegen erfolgen:
1. Einvernehmliche Regelung
Idealerweise einigen sich die Eltern – gegebenenfalls mithilfe einer Mediation – auf eine für beide Seiten passende Lösung. Die Vereinbarung sollte klar regeln:
- wie oft und wann der Kontakt stattfindet,
- ob Übernachtungen möglich sind,
- wo besondere Feiertage (Weihnachten, Ostern, Geburtstage) verbracht werden und
- wie die Übergabe des Kindes erfolgt.
Einvernehmliche Regelungen sind meist flexibler und weniger belastend für alle Beteiligten. Allerdings können außergerichtliche Regelungen nur dann gerichtlich durchgesetzt werden, wenn sie pflegschaftsgerichtlich genehmigt wurden.
2. Gerichtliche Regelung
Können sich die Eltern nicht einigen, entscheidet das zuständige Bezirksgericht.
Das Gericht orientiert sich dabei ausschließlich am Kindeswohl und kann Sachverständige oder das Jugendamt hinzuziehen, um die beste Lösung zu finden.
Typische Kontaktregelungen
Die übliche Ausgestaltung des Kontaktrechtes ist laut der Rechtsprechung ein Tag pro Woche sowie ein Kontaktrecht in den Ferien im Ausmaß von zwei bis drei Wochen im Sommer und einer Woche im Winter.
Oft wird das Kontaktrecht auch für zwei Tage in 14tägigen Abständen gewährt.
Mangels Einigung tendieren Gerichte eher dazu Feiertage wie Weihnachten, Ostern oder den Geburtstag dem hauptsächlich betreuenden Elternteil zuzuordnen.
Das Doppelresidenzmodell
Einvernehmlich können die Eltern – wie bereits erwähnt – von typischen Kontaktrechtmodell abweichen und dem laut Obsorgeregelung nicht hauptsächlich betreuenden Elternteil mehr Kontakt zum Kind zugestehen.
Verbringt das Kind annähernd gleich viel Zeit bei beiden Elternteilen (z. B. eine Woche bei einem Elternteil, eine Woche beim anderen), spricht man vom Doppelresidenzmodell.
Es setzt eine gute Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den Eltern voraus. Ist die Grundlage dafür gegeben, kann dieses Modell in vielen Fällen die beste Lösung für die Kinder darstellen.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass jeder über dem zusätzliche Betreuungstag im Wochendurchschnitt den Anspruch auf Geldunterhalt des Kindes um 10% verringert. Verdienen beide Eltern ungefähr gleich viel, steht dann bei gleichteiliger Betreuung dem Kind kein Geldunterhalt mehr zu.
Durchsetzung des Kontaktrechtes
Leider kommt es immer wieder vor, dass ein Elternteil versucht, den Kontakt zum anderen Elternteil zu unterbinden. Darum sieht § 110 AußStrG die Möglichkeit der Verhängung von Beugestrafen gegen einen Elternteil vor, der sich dem Kontaktrecht des anderen Elternteils widersetzt.
Überdies verstößt ein derartiges Verhalten gegen das in § 159 ABGB geregelte Wohlverhaltensgebot. Danach hat ein Elternteil alles zu unterlassen, was das Verhältnis des anderen Elternteils zum Kind beeinträchtigt oder die Wahrnehmung der elterlichen Aufgaben erschwert. Die Verletzung des Wohlverhaltensgebotes kann schwere Folgen haben. Es kann einerseits zum Entzug der Obsorge kommen. Andererseits können Schadenersatzansprüche des sein Kontaktrecht nicht ausüben könnenden Elternteils entstehen.
Fazit: Das Kindeswohl steht im Mittelpunkt
Das Kontaktrecht kann Kindern auch nach der Scheidung Stabilität und Bindung zu beiden Elternteilen ermöglichen. Es liegt in der Verantwortung der Eltern, Konflikte zu vermeiden und das Kind nicht in einen Streit hineinzuziehen. Besteht eine gute Gesprächsbasis lässt sich sogar eine annähernd gleichteilige Betreuung durch beide Elternteile verwirklichen.