Unterhalt nach der Scheidung

In Österreich sind die Regelungen für den Ehegattenunterhalt nach der Scheidung umfangreich und komplex. Die Ansprüche hängen von der Art der Scheidung und dem Verschulden an der Zerrüttung der Ehe ab. Daneben existieren Unterhaltstatbestände, die Unterhalt aus Billigkeit oder aufgrund bestimmter Lebenssituationen gewähren.

In diesem Blog werfen wir einen detaillierten Blick auf die rechtlichen Grundlagen, Berechnungsmethoden und praktischen Aspekte der Unterhaltsansprüche nach einer Scheidung.

Rechtsgrundlagen für den Unterhalt nach der Scheidung

In Österreich wird der Ehegattenunterhalt nach der Scheidung im Ehegesetz (EheG) geregelt. Die Bestimmungen finden sich in den §§ 66 – 69b EheG und knüpfen an die Regelungen zur Scheidung an. Die möglichen Unterhaltsansprüche richten sich im Detail nach der Art der Scheidung, dem Verschulden an der Zerrüttung der ehelichen Gemeinschaft und den persönlichen Lebensbedingungen. Dabei wird zwischen folgenden Szenarien unterschieden:

1. Unterhalt bei Verschulden

Wird im Scheidungsurteil eines streitigen Scheidungsverfahrens das Verschulden eines Ehegatten ausgesprochen, steht dem anderen Ehegatten grundsätzlich ein Unterhaltsanspruch zu. Im Detail gestaltet sich die Situation bei den einzelnen Scheidungsarten wir folgt:

Scheidung wegen Verschuldens
Wurde die Ehe aus dem alleinigen oder überwiegenden Verschulden des einen Ehegatten geschieden, hat der andere Ehepartner Anspruch auf Unterhalt. Bei gleichteiligem Verschulden kann Unterhalt aus Billigkeit gewehrt werden, wenn einer der Ehegatten sich nicht selbst unterhalten kann. 

Scheidung aufgrund psychischer Erkrankung oder wegen ansteckender oder ekelerregender Krankheit 
Hätte sich der Beklagte, daher die Person mit psychischer Erkrankung oder ansteckender oder ekelerregender Krankheit ,auch wegen Verschulden des Klägers scheiden lassen können, ist dies über Antrag des Beklagten im Scheidungsurteil auszusprechen. Der Beklagte hat dann Anspruch auf Unterhalt wie bei einer Scheidung wegen Verschuldens. 

Scheidung aufgrund der Auflösung der häuslichen Gemeinschaft
Wird eine Ehe aufgrund Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft für mindestens 3 Jahre geschieden und dabei festgestellt, dass der klagende Ehegatte des Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trägt, steht dem beklagten Ehegatten weiterhin ein Unterhaltsanspruch wie bei aufrechter Ehe zu. Dieser Unterhaltsanspruch geniest überdies weitere gesetzliche Begünstigungen. 

2. Unterhalt bei Unzumutbarkeit der Selbsterhaltung

Bei allen Arten der Scheidung besteht die Möglichkeit eines verschuldensunabhängigen Unterhaltsanspruches, wenn dem geschiedenen Ehegatten nicht zugemutet werden kann, sich selbst zu erhalten, und zwar aufgrund:

  • der Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kinder oder
  • dem Fehlen einer Erwerbsmöglichkeit (beispielsweise wegen mangelnder Ausbildung), weil sich der ehemalige Ehegatte während der Ehe im Einvernehmen mit dem anderen Ehegatten um die Haushaltsführung, die Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes oder die Betreuung eines Angehörigen gekümmert hat

Ein derartiger Unterhaltsanspruch tritt daher neben die in der Folge erwähnten Ansprüche bei den einzelnen Scheidungsvarianten.

3. Billigkeitsunterhalt

Bei allen Arten der Scheidung besteht die Möglichkeit eins Unterhaltsanspruches eines Ehegatten, soweit dies mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse des anderen Ehegatten der Billigkeit entspricht. Die Details eines Anspruches hängen davon ab, welche Art der Scheidung erfolgte.

4. Unterhalt nach einvernehmlicher Scheidung

Bei einer einvernehmlichen Scheidung richtet sich der Unterhaltsanspruch nach der zwischen den Ehegatten getroffenen Vereinbarung. Fehlt eine vertragliche Vereinbarung oder ist dies rechtsunwirksam, kann ein Billigkeitsanspruch bestehen.

Höhe des Ehegattenunterhalts

Die Berechnung des Unterhalts hängt davon ab, um welche Art von Unterhalt es sich handelt:

1. Verschuldensunterhalt

Wir Unterhalt wegen Verschuldens gewehrt, beträgt dieser 33% des Nettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen, sofern der Unterhaltsberechtigte nicht im Stande ist, ein Eigeneinkommen zu erzielen. Ansonsten beträgt der Unterhalt 40% des gemeinsamen Nettoeinkommens von Unterhaltsberechtigten und Unterhaltsverpflichteten, abzüglich des Einkommens des Unterhaltsberechtigten. Bei Unterhaltspflichten für Kinder kann sich der heranzuziehende Prozentsatz um 3-4%, bei einem neuen Ehegatten um 1-3% verringern. Bei der Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft mit Verschuldensausspruch zu Gunsten des Beklagten sind Unterhaltsansprüche eines neuen Ehegatten nicht zu berücksichtigen.

2. Unterhalt bei Unzumutbarkeit der Selbsterhaltung

Diese orientiert sich am konkreten Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten und liegt für gewöhnlich zwischen 15 und 33% des Nettoeinkommens des Verpflichteten.

3. Billigkeitsunterhalt

Der Billigkeitsunterhalt orientiert sich in der Regel am Ausgleichszulagenrichtsatz. 

Dauer des Unterhaltsanspruchs

Der Unterhalt bei Unzumutbarkeit der Selbsterhaltung wird befristet für einen bestimmten Zeitraum gewährt, in der Regel längstens 3 Jahre. Alle anderen Unterhaltsansprüche werden grundsätzlich unbefristet zugesprochen. Dabei gilt jedoch die Umstandsklausel. Dies bedeutet, dass der Unterhalt bei Änderung der maßgebenden Verhältnisse anzupassen ist oder wegfallen kann.

Der Unterhaltsanspruch endet bei Wiederverheiratung des Unterhaltsberechtigten oder dessen Tod. Begeht der Unterhaltsberechtigte besonders schwere Verfehlungen gegenüber dem Unterhaltspflichtigen wird der Unterhaltsanspruch verwirkt. Dies kann beispielsweise bei schweren Beschimpfungen, Verletzungen des Kontaktrechts zu den Kindern oder Verstößen gegen das Wohlverhaltensgebot im Umgang mit den gemeinsamen Kindern der Fall sein.

Lebt der Unterhaltsberechtigte in einer Lebensgemeinschaft, ruht der Unterhaltsanspruch. Nach Beendigung der Lebensgemeinschaft kann er wieder aufleben.

Stirbt der Unterhaltspflichtige kann der Unterhaltsberechtigte seine Ansprüche gegenüber dem Nachlass geltend machen.

Praktische Tipps zur Durchsetzung oder Abwehr von Unterhaltsansprüchen

  1. Juristische Beratung
    Aufgrund der Komplexität des Unterhaltsrechts ist die Beratung durch einen im Familienrecht erfahrenen Anwalt essenziell, um die Erfolgschancen eines Unterhaltsanspruchs realistisch einzuschätzen und Ihre Rechte effektiv durchzusetzen. Da Unterhaltsansprüche einen Zusammenhang mit der Scheidung haben, sollten diese schon im Rahmen der Scheidung berücksichtigt werden.
  2. Einkommensnachweise
    Beide Parteien sollten ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse lückenlos dokumentieren. Es sollte überdies bedacht werden, dass eine Auskunftspflicht gegenüber dem anderen früheren Ehegatten besteht. Die Ermittlung des maßgeblichen Einkommens ist teilweise recht komplex. Auch aus diesem Grund sollte man sich frühzeitig rechtlich beraten lassen.
  3. Aktualisierung des Unterhalts
    Da Unterhaltsbeträge mangels anderer vertraglicher Regelung der Umstandsklausel unterliegen, können diese angepasst werden, wenn sich die finanzielle oder persönliche Situation eines Ehepartners wesentlich ändert. Es empfiehlt sich daher die relevanten Faktoren im Blick zu behalten.
  4. Verhandlungslösungen bevorzugen
    Da sich die unterhaltsrechtliche Lage öfters ändern kann, empfiehlt es sich zur Vermeidung ständiger Gerichtsverfahren außergerichtliche  Einigungen anzustreben. Dies spart Zeit, Kosten und Nerven. Auch Regelungen in Scheidungsfolgenvereinbarungen sollten so gestaltet sein, dass sie möglichst wenig Spielraum für Unstimmigkeiten lassen

Fazit

Unterhalt nach der Scheidung in Österreich ist ein komplexes Thema. Eine Antwort auf die Frage ob und in welcher Höhe Unterhalt gezahlt werden muss, erfordert meistens die Berücksichtigung mehrerer Faktoren. Die dafür maßgeblichen Punkte sind die Art der Scheidung, das Vorliegen eines Schuldausspruches im Scheidungsurteil, die finanzielle Situation der Ehegatten und deren Lebensumstände. Wer sich frühzeitig rechtlich beraten lässt und eine klare Strategie verfolgt, kann sowohl als Unterhaltsberechtigter als auch als Unterhaltspflichtiger bessere Ergebnisse erzielen. 

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