Die Aufteilung des ehelichen Vermögens ist ein zentraler Punkt bei einer Scheidung und häufig Anlass für Konflikte. Die einschlägigen gesetzlichen Regelungen sind nämlich im Detail recht komplex und sehen einige Ausnahmen und Gegenausnahmen vor. In diesem Beitrag erklären wir die rechtlichen Grundlagen, die bestimmen, welche Vermögenswerte berücksichtigt werden und nach welchen Kriterien eine Verteilung erfolgt.
Wie kommt es zu einer Aufteilung
Haben die Ehegatten die Aufteilung des ehelichen Vermögens vorab oder im Rahmen einer einvernehmlichen Scheidung nicht (vollständig) geregelt, kann jeder Ehegatte ein Jahr nach Scheidung einen Antrag auf Aufteilung des ehelichen Vermögens beim zuständigen Bezirksgericht stellen.
Was wird aufgeteilt
§ 81 EheG bestimmt, dass Gegenstand der Aufteilung:
- das eheliche Gebrauchtvermögen (z.B. der Hausrat und die Ehewohnung) und
- die ehelichen Ersparnisse (z.B. Bargeld, Spareinlagen, Wertpapiere, Guthaben auf Girokonten oder Bausparverträge)
sind. Mit dem Vermögen in Zusammenhang stehende Schulden sind dabei zu berücksichtigen. Existiert kein Vermögen mehr, sondern nur noch damit in Zusammenhang stehende Schulden, können auch diese aufgeteilt werden. Dies kann beispielsweise erfolgen, indem das Gericht festlegt, welcher Ehegatte in Zukunft als Schuldner und welcher als Ausfallsbürge haften soll.
Zeitlich ist dabei jenes Vermögen relevant, das zwischen der Eheschließung und der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft geschaffen wurde. Es geht daher nur um den Vermögenszuwachs während aufrechter Ehe
Was wird nicht aufgeteilt
Nicht der Aufteilung unterliegen Sachen, die:
- ein Ehegatte in die Ehe eingebracht, von Todes wegen erworben oder ihm ein Dritter geschenkt hat,
- dem persönlichen Gebrauch eines Ehegatten allein oder der Ausübung seines Berufes dienen,
- zu einem Unternehmen gehören oder
- Anteile an einem Unternehmen sind, außer es handelt sich um bloße Wertanlagen.
Die Schwierigkeit liegt hier aber oft im Detail. Beispielsweise ist in Fällen von Geschenken, Erbschaften oder in die Ehe eingebrachtem Vermögen notwendig, dass der Vermögenswert noch klar vom ehelichen Vermögen abgrenzbar ist. So wäre beispielsweise Geld, das mit ehelichen Ersparnissen vermengt wurde, nicht mehr klar abgrenzbar. Das ausgenommene Vermögen darf auch nicht zu ehelichen Vermögen umgewidmet worden sein. Eine derartige Umwidmung nimmt die Rechtsprechung relativ schnell an. Wird beispielsweise das einem Ehegatten geschenkte Auto als Familienauto verwendet, kann bereits ein Fall der Umwidmung vorliegen.
Insgesamt ist die Rechtsprechung in diesen Punkten stark einzelfallbezogen. Rechtliche Beratung ist daher wesentlich.
Sonderfall Ehewohnung
In gewissen Fällen kann die Ehewohnung in die Aufteilung einbezogen werden, obwohl sie unter eine der oben erwähnten Ausnahmen fällt. In der Praxis ist dies insbesondere dann relevant, wenn die Familie gemeinsam in eine ererbte oder geschenkte Wohnung zieht.
Die Ehewohnung fällt daher jedenfalls in die Aufteilung, wenn:
- dies vereinbart wurde,
- der andere Ehegatte auf ihre Weiterbenützung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist oder
- wenn ein gemeinsames Kind an ihrer Weiterbenützung einen berücksichtigungswürdigen Bedarf hat.
Auch für den Hausrat kann diese Gegenausnahme gelten, wenn ein Ehegatte auf dessen Weiterbenützung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist.
Kriterien für die Vermögensaufteilung
Das Gesetz sieht als Grundsatz vor, dass die Aufteilung nach Billigkeit vorzunehmen ist. Dabei ist laut Gesetz beispielsweise auf folgende Punkte Bedacht zu nehmen:
- Gewicht und Umfang des Beitrags jedes Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und zur Ansammlung der ehelichen Ersparnisse
- das Wohl der Kinder Bedacht zu nehmen und
- die mit dem ehelichen Lebensaufwand zusammenhängen Schulden, soweit diese nicht ohnedies in die Aufteilung fallen
Um einen billigen Ausgleich gewährleisten zu können, leitet die Rechtsprechung aus dem Gesetz aber insbesondere folgende Grundsätze der Aufteilung ab:
- Grundsatz des Wohlbestehenkönnens
Die Aufteilung soll auf eine Art und Weise erfolgen, dass jedem Ehegatten die bisherigen Lebensgrundlagen möglichst bewahrt bleiben und der Beginn eines neuen Lebensabschnittes erleichtert wird. Es soll daher beispielsweise zu keiner übermäßigen wirtschaftlichen Belastung durch Ausgleichszahlungen kommen. - Trennungsgrundsatz
Bei der Durchführung der Aufteilung ist darauf zu achten, dass sich die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten möglichst wenig berühren. - Bewahrungsgrundsatz
Die Übertragung von Eigentum an unbeweglichen Sachen (beispielsweise der Ehewohnung) oder die Begründung von dinglichen Rechten daran (beispielsweise ein Wohnrecht) soll nur als letzter Ausweg erfolgen.
Eheverträge und Aufteilung
Oft enthalten Eheverträge vorweg getroffene Vereinbarungen über die Aufteilung des ehelichen Vermögens im Falle einer Scheidung oder sonstigen Auflösung der Ehe. Diese sollten im Zweifel immer in Form eines Notariatsaktes geschlossen werden, da sie sonst bei Änderung der Verhältnisse ungültig sein können.
Eheverträge sind auch bei grundsätzlicher Gültigkeit anhand gesetzlich vorgesehener Kriterien auf ihre Unbilligkeit zu prüfen. Liegt Unbilligkeit vor, kann das Gericht bei der Aufteilung von den Regelungen im Ehevertrag abweichen. Um dies zu verhindern, sollten die zulässigen Grenzen genau geprüft werden.
Tipps für eine erfolgreiche Aufteilung
Nachfolgende Punkte können bei Vorbereitung und Durchführung einer Aufteilung des ehelichen Vermögens nützlich sein:
- Dokumentieren Sie das vorhandene Vermögen
Erstellen Sie eine Liste aller Vermögenswerte und Schulden, die während Bestehen der ehelichen Gemeinschaft von Ihnen oder Ihrem Ehegatten erworben wurden und sammeln Sie dafür Belege. - Lassen Sie sich frühzeitig juristisch beraten
Um ein gutes Ergebnis bei der Aufteilung zu ziehen ist juristische Beratung essentiell. Lassen Sie sich daher von einem auf Scheidungen spezialisierten Anwalt frühzeitig beraten. - Streben Sie eine einvernehmliche Lösung an
Eine außergerichtliche Einigung spart Zeit, Kosten und emotionale Belastung. Vertretbare Kompromisse sind daher in den meisten Fällen wirtschaftlich vorteilhafter als lange Gerichtsverfahren. Speziell im Bereich der Vermögensaufteilung ist es in den meisten Fällen sinnvoll, emotionalen Beweggründen nicht zu stark nachzugeben. - Bewahren Sie einen kühlen Kopf
Im Bereich der Vermögensaufteilung kann manchmal (zumindest vorerst) nicht alles einvernehmlich geregelt werden. Oft gehen einer Einigung intensive Diskussionen oder sogar rechtliche Schritte voraus. Bewahren Sie daher Ruhe und vertrauen Sie darauf, dass die ausgearbeitete Strategie zum Ziel führt.
Fazit
Die Aufteilung des ehelichen Vermögens nach einer Scheidung in Österreich kann komplex und emotional belastend sein. Wer sich beraten lässt, entsprechende Vorbereitungen trifft und eine gute Strategie entwickelt, hat bessere Chancen auf ein vorteilhaftes Ergebnis – sei es durch eine einvernehmliche Vereinbarung oder ein gerichtliches Verfahren. Mit der richtigen Unterstützung können Sie diesen wichtigen Schritt in Richtung eines neuen Lebensabschnitts erfolgreich bewältigen.
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